| Kastanienzeit
                im Tessin. In den Strassen, auf den Pl?tzen
                verbreitet sich der Duft ger?steter Marroni. Im
                Grotto organisieren Vereine im offenen Feuer
                Castagnate (Kastanienabende) und an Wochenenden
                auf Pl?tzen die ?Sagra delle castagne? (Kastanienfest). 
                 Kein
                Wunder, jeder f?nfte Baum im Tessin ist ein
                Kastanienbaurn. Einst wurde die Kastanie der ?Brotbaum
                der Armen? genannt. Insbesondere f?r die Bergbev?lkerung
                war sie w?hrend vier bis sechs Monaten im Jahr
                das t?gliche Brot. Aber auch die stacheligen H?llen,
                die Bl?tter und das Holz fanden Verwendung. Dann
                wurde die Kastanie durch den Mais, die Polenta
                und die Kartoffel verdr?ngt, und die Bauern
                verliessen ihre H?fe. Die Kastanienw?lder
                verwilderten, die Fr?chte verfaulten am Boden,
                wenn sie nicht von Touristen gesammelt wurden.
                Die Marroni, die in der kalten Jahreszeit in
                Lugano und anderswo ger?stet und verkauft
                wurden, stammten aus Italien. Das soll sich ?ndern. Das Tessin erinnert
                sich seines Kulturgutes Kastanie. Seit 1985 sind
                Forstingenieure und Kastanien - Freunde am Werk,
                um der einheimischen Frucht den ihr zustehenden
                Platz zur?ckzugeben. Kastanienhaine werden
                gelichtet; Kastanienpfade hergerichtet, der
                bekannteste ist der ?sentiero del castagno? im
                Malcantone, eine f?nf- bis sechsst?ndige
                Wanderung durch eine der sch?nsten Gegenden des
                Tessins. Sammelstellen werden eingerichtet, wo
                die gesammelten Kastanien abgeliefert werden k?nnen.
                Sie werden nach Gr?sse der Fr?chte entsch?digt,
                letztes Jahr bis zu drei Franken pro Kilo.
                Gesamthaft wurden 20 Tonnen gesammelt. Heute wird die Kastanie neben der Traube und
                dem Wein als K?nigin des Herbstes gefeiert und
                an den ?Sagra delle castagne? als Leckerbissen
                feilgeboten, zum Beispiel in Ascona. Holzk?nstler
                schnitzen aus Kastanienwurzeln Amulette, Schl?sselanh?nger
                und Spazierst?cke. Eine Attraktion ist das
                Kastanienbier.
                ?Cast?gna? genannt, goldig in der Farbe mit
                einem s?ssen Einschlag. (Gebraut wird es in
                Appenzell.) Auch kulinarisch ist die Kastanie
                vielseitig, von der ?heissen Marroni? ?ber
                Beilage zu Fleischgerichten bis zum Vermicelle
                und Marron glac?. Es gibt auch Kastaniensirup
                und Kastanienlik?r, Kastanienmehl f?r Teigwaren
                und Brot, Kastanienhonig und - warum nicht? -
                Rasierwasser mit Kastaniengeschmack. Eine Studie
                in einem italienischen Gesundheitsmagazin spricht
                gar von einer ?Kastanien-Therapie?. Danach ist die Kastanie gut gegen Stress und
                unterst?tzt die Blutzirkulation. Manager,
                schwangere Frauen und Studenten im Pr?fungsfieber
                sollten dreimal w?chentlich heisse Marroni essen.
                Aus den Kastanienbl?ten wird ein Mittel gegen
                Depressionen hergestellt, und die Bl?tter werden
                als Tee gegen starken Husten verwendet. Sogar die
                stacheligen H?llen sind nicht nutzlos. Aus ihnen
                wird ein Mittel gegen Rheumatismus hergestellt. Die Kastanie als ein Wunderbaum! Warum aber
                geriet er ins Abseits und feiert heute Urst?nd?
                Er teilt das Schicksal dessen, was einst Armut
                ausmachte und heute salonf?hig ist: zerzauste
                Haare, Schmalhans in der K?che. ?Cuisine
                moderne? ist w?ssrig, fade, ?pasta e fagioli?
                dagegen, das Alltagsgericht fr?herer
                italienischer Familien in einfachen Verh?ltnissen,
                nahrhaft, rezent. Es findet sich heute auf der
                Speisekarte renommierter Restaurants ebenso wie
                andere Gerichte ?alla nonna?. Die heutigen
                standardisierten Lebensmittel wecken das Bed?rfnis
                nach urspr?nglichen, nat?rlichen Speisen. die
                einfach, nahrhaft, schmackhaft sind. Die Kastanie
                erf?llt diesen Wunsch. Sie hat den Duft des
                Wildes, der Natur. Was gibt es Sch?neres, als am
                offenen Feuer im Kreise von Freunden bei einem
                Glas Merlot ger?stete Kastanien zu essen und zu
                plaudern? Kurt Huber / Aargauer Zeitung /
                11. Oktober 2000 sinn replica
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